Etappenplanung für den Jakobsweg

Etappenplanung für den Jakobsweg

Für mich war von Anfang an klar: Ich will den gesamten Camino Frances laufen, den Jakobsweg, der in Frankreich startet und an Tag eins über die Pyrenäen nach Spanien führt. 791km bis Santiago bzw. 889km, wenn man bis an den Atlantischen Ozean wandert.

Um mich auf den Jakobsweg vorzubereiten, habe ich im Vorfeld im Internet nach möglichen Etappenplänen gesucht und mir einen, der mir sinnvoll erschien, ausgedruckt. Da ich davon ausging, dass ich vermutlich pro Woche einen Pausentag benötige, habe ich noch vier Tage zusätzlich eingeplant.

Statt Pause wird weitergewandert

Die Realität war natürlich ganz anders 🙂 Unterwegs habe ich beschlossen, keine Pausentage zu machen. Zum einen darf man als Pilger immer nur eine Nacht in derselben Herberge verbringen und muss dann sowieso seine Sachen packen und umziehen. Statt in derselben Stadt dann eine neue Unterkunft zu suchen, kann man auch einfach 20 km weiterwandern. Auf dem Camino wird man pragmatisch 🙂

Zum anderen wollte ich mir die 4 Puffertage noch aufsparen, falls ich wirklich mal gesundheitliche Probleme bekomme und länger aussetzen muss. Und es hat mich relativ früh gereizt, nicht nur bis Santiago zu wandern, sondern noch 90km weiter bis an den Atlantischen Ozean nach Finisterre, an das Ende der Welt.

Auch sonst hat sich meine Etappenplanung unterwegs ziemlich geändert. Wenn ich mich gut fühlte, bin ich auch mal spontan einen Ort weitergelaufen. Diese Flexibilität sollte man sich bewahren.

Ich muss allerdings dazu sagen, dass die ersten neun Tage aus Schmerzen bestanden. An Tag 2 konnte ich mein linkes Bein nicht mehr heben, an Tag 3 bis 5 lief ich auf einer Ferse aus roher Haut, an Tag 6 schmerzte der Fußknöchel und Tag 7 bis 9 eine Sehne im Fuß. Darüber hinaus taten meine Fußsohlen unglaublich weh. Und auch wenn man glaubt (und hofft), dass der Schmerz sich nicht mehr von Tag zu Tag addieren kann: Es geht. Leider. Erst ab Tag 10 ging es mir großartig.

Dennoch würde ich jedem empfehlen, den – wenn möglich – gesamten Jakobsweg am Stück zu laufen. Es ist eine unglaublich intensive Erfahrung. Körperlich wie mental.

Ich bin mehrmals an meine Grenzen gekommen und darüber hinausgegangen. An den ersten Tagen duschte ich im Sitzen, nachdem ich die Herberge erreicht hatte. Ich konnte einfach nicht mehr stehen. Einmal duschte ich sogar in Klamotten – wie gesagt, man wird pragmatisch.

Und ein paar Tage später warf ich nach 30 km meinen Rucksack in die Herberge und spazierte los, um den Ort zu entdecken. Es ist sehr beeindruckend, wie schnell sich der Körper an die Herausforderung gewöhnt – und wie fit man wird.

Einer meiner härtesten Tage war die 4. Etappe, aus Pamplona heraus. Ich bin morgens nach dem Aufstehen kaum die 50 Meter zur Toilette gekommen, so extrem hat meine rohe Ferse wehgetan. Dann mit 12kg Gepäck 25km zu wandern war eine echte Tortur. Wobei für mich immer klar war, dass ich jeden Morgen losgehe und nicht einfach den Bus nehme oder mein Gepäck zum nächsten Ort transportieren lasse (ja, das gibt es alles).

Aufgeben ist keine Option!

Aufgeben war für mich einfach keine Option. Und ich machte die wertvolle Erfahrung, dass man über sich hinauswächst. Nach ca. 10 Kilometer Schmerzen bei jedem Schritt war meine Ferse taub – und ich wanderte einfach weiter. An solchen Tagen lernt man eine Menge über sich selbst.

Die Etappen 30 und 31 bin ich übrigens gemeinsam mit anderen Pilgern quasi in einem Rutsch gelaufen. 30km sind wir tagsüber nach Santa Irene gelaufen, dann haben wir ein paar Stunden im Wald und auf einem Feld geschlafen, und um 1 Uhr nachts sind wir zu den letzten 25km nach Santiago aufgebrochen.

Auf einem Hügel 5km vor Santiago wollten wir den Sonnenaufgang über der Stadt beobachten. Note to myself: Nach 4 Wochen wandern hätten wir wissen können, dass die Sonne in der anderen Richtung aufgeht 🙂

Egal, wir wanderten insgesamt 56km und kamen müde, verdreckt und fertig an der Kathedrale in Santiago an – so wie wir es uns 4 Wochen lang ausgemalt habe.

Das Ende ist am Ozean

Santiago selbst aber hat mich enttäuscht und nach den Tagen in der Natur direkt überrollt. Ich war sehr froh, dass das Ende meiner Reise am Ozean war – und das kann ich nur jedem empfehlen. Die 90km nach Finisterre sind wunderschön. Und ich wanderte wie auf Wolken.

Die Zeitangaben in meiner Etappenaufteilung unten sind übrigens die reine Gehzeit. Meistens habe ich immer nur 30 Minuten Pause gemacht, um zu frühstücken. Bei längeren Strecken kam dann noch eine zweite Pause von 30 Minuten dazu. Manche Pilger lassen sich auch den gesamten Tag für eine Etappe Zeit und picknicken im Wald oder legen eine Siesta ein und schlafen unter einem Baum. Ich hingegen war immer schon um die Mittagszeit herum in meinem neuen Etappenort und habe den Nachmittag dort genossen. Jeder, wie er will 🙂

Die Etappen lassen sich meistens sehr flexibel einteilen, da es manchmal alle paar Kilometer einen Ort gibt, der meistens auch eine Herberge / Übernachtungsmöglichkeit hat. Ich empfehle aber auf jeden Fall, entweder eine App zu nutzen oder wie ich – oldschool – den Reiseführer „Spanien: Jakobsweg / Camino Frances“ von Raimund Joos zu verwenden. Er beinhaltet nicht nur alle Orte und Herbergen, sondern auch genaue Kilometerangaben, Streckenprofile und – sehr wichtig – Angaben zu Brunnen und Verpflegungsmöglichkeiten auf den einzelnen Strecken.

Es geht übrigens knackig los: Auf Etappe 1 wandert man über die Pyrenäen und damit 1.200 Höhenmeter rauf und alles wieder runter. Der Vorteil ist allerdings, dass man ohne körperliche Beschwerden startet. Das ändert sich dann in den Tagen darauf 🙂

 

Wer meine Etappenaufteilung verwenden möchte: Feel free!

Tag 1: Flug von München via Madrid nach Biarritz, Bus nach Bayonne, Zug nach St. Jean Pied de Port

Tag 2 / Etappe 1: St. Jean Pied de Port – Roncesvalles 26,98km (6:25h)

Tag 3 / Etappe 2: Roncesvalles – Zubiri 23,98km (5:30h)

Tag 4 / Etappe 3: Zubiri – Pamplona 22,28 (4:45h)

Tag 5 / Etappe 4: Pamplona – Puente de Reina 24,73km (6:00h)

Tag 6 / Etappe 5: Puente de Reina – Estella 23,35km (6:09h)

Tag 7 / Etappe 6: Estella – Los Arcos 22,94km (5:00h)

Tag 8 / Etappe 7: Los Arcos – Logrono 28,17km (6:39h)

Tag 9 / Etappe 8: Logrono – Najera 28,20km (6:20h)

Tag 10 / Etappe 9: Najera – Santo Domingo 20,97km (4:45h)

Tag 11 / Etappe 10: Santo Domingo – Tosantos 27,72km (6:00)

 Tag 12 / Etappe 11: Tosantos – Atapuerca 26,76km (5:45h)

Tag 13 / Etappe 12: Atapuerca – Burgos 20,43km (4:15h)

Tag 14 / Etappe 13: Burgos – Hontanas 31,59km (6:50h)

Tag 15 / Etappe 14: Hontanas – Boadillo 29,10km (6:00h)

Tag 16 / Etappe 15: Boadillo – Carrion de los Condes 25,18km (5:00h)

Tag 17 / Etappe 16: Carrion de los Condes – Terradillos 26,73km (5:30h)

Tag 18 / Etappe 17: Terradillos – Bercianos 23,70km (5:00h)

Tag 19 / Etappe 18: Bercianos – Mansilla 26,80km (5:30h)

Tag 20 / Etappe 19: Mansilla – Leon 18,68km (3:45h)

Tag 21 / Etappe 20: Leon – San Martin 25,66km (5:00h)

Tag 22 / Etappe 21: San Martin – Astorga 24,26km (4:45h)

Tag 23 / Etappe 22: Astorga – Foncebadon 26,41km (5:35h)

Tag 24 / Etappe 23: Foncebadon – Ponferrada 27,18km (5:30h)

Tag 25 / Etappe 24: Ponferrada – Villafranca 24,22km (4:45h)

Tag 26 / Etappe 25: Villafranca – O‘ Cebreiro 30,30km (6:45h)

Tag 27 / Etappe 26: O‘ Cebreiro – Triacastela 21,00km (4:00h)

Tag 28 / Etappe 27: Triacastela – Marzan 26,51km (5:30h)

Tag 29 / Etappe 28: Marzan – Ventas de Naron 28,11km (5:55h)

Tag 30 / Etappe 29: Ventas de Naron – Melide 26,08km (5:35h)

Tag 31 / Etappe 30: Melide – Santa Irene 30,39km (7:15h)

Tag 32 / Etappe 31: Santa Irene – Santiago 25,42km (6:32h)

Tag 33 / Etappe 32: Santiago – Negreira 24,10km (5:30h)

Tag 34 / Etappe 33: Negreira – Santa Marina 21,27km (5:00h)

Tag 35 / Etappe 34: Santa Marina – Cee 32,75km (6:45h)

Tag 36 / Etappe 35: Cee – Finisterre 17,72km

Tag 37: Tag in Finisterre & Bus zurück nach Santiago

Tag 38: Flug von Santiago via Madrid nach München

3 Gedanken zu „Etappenplanung für den Jakobsweg

    1. Lieber Uli,

      vielen Dank. Ich habe auch erst gelitten und danach gestaunt 🙂 Aber es war gut, dass ein bisschen Kampf dabei war. So hatte das mehr Effekt auf mich, als wenn ich den Weg locker runterspaziert wäre 🙂

      LG und bis hoffentlich bald mal wieder!!! Bärbel

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