Auf dem Inkatrail nach Machu Picchu

Auf dem Inkatrail nach Machu Picchu

Wenn man gemütlich auf seinem Sofa sitzt, bucht sich so eine viertägige Trekkingtour auf dem Inkatrail nach Machu Picchu recht schnell. Als ich mich dann mal näher mit dem Trail beschäftigte, wurde mir doch etwas mulmig: Wanderungen bis zu acht Stunden pro Tag? Drei Gebirgspässe mit bis zu 4.200 Meter überqueren? Hmm. Ich hörte von vielen, die in Peru waren, dass sie Probleme mit der Höhe hatte. Von Wanderern, die ihren Trek nach Machu Picchu abbrechen mussten.

Aber manchmal muss man eben genau das machen, wovor man Bammel hat. Abenteuer gibt es eben nur außerhalb der Komfortzone. Also machte ich mich auf den Weg, erst nach Peru, dann nach Cusco und schließlich stand ich am Beginn des „Camino de Inka“, des Inkatrails.

Und das mit einem riesigen Rucksack. Ich hatte zwar nur das Nötigste dabei – was nicht wenig ist, wenn man möglichst viele Kleidungsschichten für nachts dabei hat und auch für Regen ausgerüstet ist – aber ich bekam noch den dort gemieteten Schlafsack und die Matratze für das Zelt oben drauf.

Die schiere Größe und das Gewicht meines Rucksacks ließen mich zweifeln, ob ich es tatsächlich bis nach Machu Picchu schaffen würde. Vor allem nachdem ich feststellte, dass ich quasi die einzige war, die alles selbst trug. Die anderen Wanderer hatten sich zusätzliche „Porter“, sogenannte Träger, „gemietet“, die ihre Kleidung, Matratze und Schlafsack trugen und wanderten gemütlich mit einem Turnbeutel oder kleinem Tagesrucksack.

Ich ziehe meinen Hut vor den Porters, die für ca. 50 Euro drei der vier Tage lang schuften ohne Ende. Sie tragen das gesamte Equipment des Teams, unter anderem alle Zelte, ein separates Essenszelt, einen Klapptisch (!), Klappstühle, Gaskocher, Lebensmittel und das Geschirr. Waren es früher noch 50kg wurden die Rucksäcke der Porter nun auf immer noch unglaubliche 20-30kg reduziert. Manches Mal waren die Rucksäcke quasi größer als die kleinen, aber unheimlich starken, Männchen darunter.

Ich habe mal einen dieser Rucksäcke aufgesetzt und bin beinahe nach hinten umgekippt. Es ist unglaublich, was diese Menschen leisten, die nach unserem Frühstück alles abbauen, uns auf dem Weg überholen (müssen), damit unser Lunch fertig ist, wenn wir ankommen. Um dann wieder alles abzubauen, uns erneut zu überholen, sodass unsere Zelte aufgebaut sind, wenn wir an der Campingsite eintreffen. Kurz bevor es dann ein mehrgängiges deliziöses Dinner gibt, das vom Koch und seinem Sous-Chef zubereitet wird. Ich sage nur: Sie schnitzten Kondore aus Auberginen! Und am letzten Abend buken sie eine Torte für uns!

Ich hatte damit etwas Schwierigkeiten, es kam mir so dekadent vor, meine Sachen tragen zu lassen. Deshalb habe ich bis auf Tag zwei alles selbst getragen, auch wenn ich mitunter sehr gelitten habe 🙂

Nunja, das vorweggenommen, ging es also los. Vier Tage durch wunderschöne Natur, über die Anden, vorbei an Inkaruinen und am Ende durch den Dschungel. Der Weg war das Ziel. Nicht Machu Picchu selbst, sondern die Zeit bis dorthin. Ich war Teil einer unglaublich tollen Gruppe mit Jessica aus Kanada, Louise und Eamon aus Irland, Tatjana aus Venezuela, Martin aus Argentinien und unseren beiden Guides Marco und Uriel.

Und ich muss sagen, der Inkatrail war eine der besten Erfahrungen meines Lebens. Ja, es war hart. Ja, man schnauft wie eine Dampflokomotive und bewegt sich in diesen Höhen in Zeitlupe, ja, es hat gehagelt und geregnet, ja, man musste nachts im Regen drei Brücken überqueren, um zum Plumpsklo zu kommen, und ja, ich bin bei den steilsten und rutschigsten Stufen auf allen vieren nach oben geklettert – aber das war es wert.

Dafür habe ich tatsächlich lebend den Dead Women’s Pass auf 4.200 Metern überquert, hatte eine großartige Zeit mit fantastischen Menschen und bin tatsächlich zu Fuß in Machu Picchu angekommen.

Um dort auf Massen an Bus-Touristen zu treffen, die mit weißen Turnschuhen und pinkem Lippenstift Selfies machten und ganz nebenbei einen Atemzug aus ihrer handlichen Sauerstoffflasche nahmen, während wir uns nach vier Tagen Wanderung ohne Dusche mit verfilzten Haaren und schlammverdreckten Schuhen unseren Weg zu dieser unglaublichen Ruine bahnten.

Die Ankunft war also etwas ernüchternd, zumal Machu Picchu in dichtem Nebel gehüllt war. Glücklicherweise hatte ich für den Folgetag mir noch ein Ticket für die Besteigung des Nachbarberges Huayna Picchu gebucht, weshalb ich noch einmal – bei diesmal etwas besserem Wetter – auf das Gelände durfte.

Und das Gelände ist einfach wunderschön. 1450 haben die Inkas diese Stadt mitten auf einen Berggipfel gebaut. Durch die Terassenstruktur haben sie ein solides Fundament geschaffen, um Erdrutschen und Erdbeben entgegenzuwirken. Außerdem leiten die Terassen unterirdisch nicht nur Regenwasser ab, sondern sie enthalten auch  Kanäle, um den nahegelegenen Bach an insgesamt 16 Brunnen weiterzuleiten. Die architektonischen Künste der Inka sind einfach wahnsinnig beeindruckend. Sie bauten all das ohne Metall-Werkzeuge und ohne das Rad zu kennen. Und sie bauten im Einklang mit der Natur: Zur Sonnenwende im Juni scheint die aufgehende Sonne durch das Fenster im Sonnentempel exakt auf den Altar.

Bei meiner zweiten Besichtigung nahm ich mir dann auch die Zeit, mich mit meinem Tagebuch in die Ruinen zu setzen und das ganze Abenteuer etwas sacken zu lassen. Und die Zeit, erleichtert und stolz zu sein. Ich habe davor echt gezweifelt, ob ich den Inkatrail schaffe oder ob das eine ziemlich bescheuerte Idee gewesen war, ihn zu buchen, aber ich bin so froh, dass ich es einfach gemacht habe.

Mut bedeutet eben nicht, keine Angst zu haben, sondern es trotzdem zu wagen. Oft unterschätzt man sich einfach – und Abenteuer wie diese zeigen, zu wieviel mehr man eigentlich fähig ist!

Meine FAQs mit allen Details zum Inkatrail gibt es übrigens hier.

 

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