Warum eigentlich Backpacking?
„Also ich könnte das nicht“, bekomme ich manchmal als Antwort, wenn ich von meinen Reisen erzähle. Gemeint ist damit nicht das Entdecken ferner Länder, sondern mein Reisestil: Backpacking. Wie der Name schon sagt, lebt man für die Zeit seiner Reise aus dem Rucksack.
Doch was bedeutet das eigentlich? Für mich persönlich ist Backpacking die purste Form des Reisens. Man muss sich reduzieren. Verzichten. Beschränken. Und doch kommt man so viel reicher zurück. Warum? Weil man wieder einmal realisiert hat, wie wenig man eigentlich braucht. Weil man merkt, dass Materielles nicht wirklich glücklich macht.
Was ich nach meinen Reisen wieder zu schätzen weiß, ist eine heiße Dusche, ein weiches Bett, eine saubere Toilette. Luxus ist dann plötzlich, wenn man das Klopapier wieder in die Toilette statt in den Mülleimer werfen kann, wenn es eine Spülung gibt und man nicht mit einem Becher Wasser aus einer Tonne in die Kloschüssel schöpfen muss.
Ein Wasserhahn oder eine Dusche mit einem Strahl und keinem Rinnsal. Ein Bett in einem Raum nur für mich. Wo ich das Licht an- und ausschalten kann, ohne auf andere Rücksicht nehmen zu müssen. Ein gefüllter Kühlschrank. Echten Kaffee, keine Instantbrühe.
Wenn ich backpacke, bedeutet das nicht nur, dass ich einfach alles statt in einen Koffer in einen Rucksack stopfe. Es bedeutet auch, dass ich statt in Hotels in Hostels schlafe. Statt in einem Einzelzimmer in einem Dorm mit mir bis dato unbekannten Leuten. Dass die Toilette und Dusche auf dem Gang sind. Dass ich nicht von Stadt zu Stadt fliege, sondern mit einem Bus oder Zug durch die Nacht rumple.
Ja, es ist oft umständlich und wenig bis gar nicht komfortabel und manchmal zumindest am Anfang auch gewöhnungsbedürftig. Aber dafür habe ich Kontakt mit Menschen. In Hostels treffe ich Reisende aus anderen Ländern, weil wir uns ein Zimmer teilen. Man kommt automatisch ins Gespräch. Und macht die Stadtbesichtigung am nächsten Tag dann vielleicht einfach zusammen, weil man auf einer Wellenlänge liegt. Das ist mir in einem Hotel noch nicht passiert.
Und ja, ich treffe auch viel mehr Einheimische, denn ich sitze nicht mit meiner Reisegruppe in einem Bus, steige bei der Sehenswürdigkeit aus, gucke sie an, steige wieder ein und fahre weiter. Ich gehe meistens zu Fuß durch die Stadt und frage mich durch. So lerne ich automatisch eine Menge Menschen kennen – und erfahre so auch mehr über die Kultur des Landes.
Bei meiner zweitägigen Bootsfahrt auf dem Mekong von Nordthailand nach Laos saß ich neben einem Laoten mit einem Eimer voller Schlangen, der mir von seinem Alltag erzählte. In einem Zug in Syrien boten mir die Einheimischen Schokolade und Nüsse an und eine Familie lud mich abends zu sich nach Hause zum Abendessen ein.
Ich spielte mit älteren Herren in Damaskus auf der Straße Backgammon (so ganz habe ich das Spiel immer noch nicht verstanden) und quetschte mich in Marokko und Sambia in Sammeltaxis mit unbekanntem Ziel.
In Kuala Lumpur habe ich offenbar meine Haltestelle zu einer Sehenswürdigkeit einmal verpasst, da ich als Einzige immer noch im Bus saß, als dieser die Endhaltestelle erreichte. Als ich meinen Stadtplan auseinanderfaltete und den Busfahrer fragte, wo wir denn jetzt seien, gestikulierte er mir, dass dies schon außerhalb des Planes lag.
Wir lachten beide und er lud mich auf einen Kaffee ein, bis es für ihn an der Zeit war, mit dem Bus wieder umzudrehen und zurück nach KL zu fahren. Ich fuhr wieder mit und – siehe da – fand die richtige Haltestelle. So etwas erlebt man bei einer organisierten Reise nicht, aber ist das nicht auch ein bisschen schade?
Natürlich hat mein Ausflug in Malaysia so einen ganzen Tag gedauert, aber auf meinen Reisen habe ich Zeit. Da hetze ich nicht von Termin zu Termin und mein Zeitplan – sonst eine logistische Meisterleistung – fällt sofort wie ein Kartenhaus in sich zusammen, wenn etwas mal nicht so klappt, wie geplant.
Wer mich kennt, weiß, dass ich ein SEHR organisierter Mensch bin. Aber nicht auf meinen Rucksackreisen. Da sind die unperfekten Momente eigentlich die besten. Es sind die, die in Erinnerung bleiben. Und für die man solche Reisen eigentlich macht. Es läuft eben nicht immer alles glatt. Aber manchmal findet man die beste Aussicht eben auf einem Umweg.