#hikinggirl
Ein Satz, den man als Münchner (neben: „Ich war noch nie am Gardasee“) nicht sagen darf, beziehungsweise der für große Irritationen sorgt, ist: „Ich wandere nicht.“ Denn das ist schlichtweg nicht möglich. Doch nicht hier, so nahe an den Bergen.
Um gleich zu meiner Verteidigung zu sagen: „Ich wandere!!!“ Mittlerweile. Allerdings erst seit zwei Jahren. Davor konnte ich dem quasi Lieblingshobby der Münchner überhaupt nichts abgewinnen. Bergauf laufen empfand ich als viel zu anstrengend, den Ausblick von oben nicht spektakulär genug (wobei ich den ja eigentlich gar nicht kannte) und überhaupt ist dann immer gleich ein ganzer Tag weg (bei meinem Tempo nicht ganz abwegig).
Dann kam der Jakobsweg und ich „bereitete“ mich mit fünf Wanderungen darauf vor. Damals dachte ich noch, man kann sich auf so etwas vorbereiten. Aber vor allem musste ich mich erst einmal mit Utensilien eindecken, mit denen andere Münchner auf die Welt gekommen sind: Stöcke, Rucksack, Wanderschuhe, Wasserblase etc.
Seit dem Jakobsweg bin auch ich endlich vom Wandervirus infiziert und hoffe, ich habe mich nun in den Kreis der echten Münchner hineingewandert. Immerhin kann ich nun wissend nicken, wenn jemand Bergnamen wie „Herzogstand, Breitenstein, Hirschberg, Gindelalm“ verwendet. Oder selbst welche in das Gespräch einwerfen: „Fockenstein, Schweinsberg, Jochberg“.
Leider hat sich mein schönes Bergnamen-Wissen noch nicht auf meine Fitness übertragen. Und es ist manchmal ein bisschen frustrierend, wenn ich mich in meiner hochprofessionellen Ausrüstung und mit hochrotem Kopf die Serpentinen eines Berges raufschnaufe und plötzlich von einem plaudernden, älteren Ehepaar in Jeans und Turnschuhen überholt werde.
Aber gut, bisher bin ich immer irgendwann oben angekommen und nach wie vor bin ich selbst davon immer am meisten überrascht. Wenn ich am Fuße des Berges stehe und nach oben gucke (wenn ich überhaupt das Gipfelkreuz sehen kann), kann ich immer nicht glauben, dass es tatsächlich machbar ist, da raufzuwandern. An einem Tag!
Aber was ich auf dem Jakobsweg gelernt habe: Jeder Schritt zählt. Jeder Schritt bringt dich deinem Ziel näher. Mit einem anderen Mindset schafft man die 900 km, die vor einem liegen, sonst gar nicht.
Und so ist es eben auch am Berg. Man setzt einen Fuß vor den anderen, macht einen Schritt nach dem anderen, läuft ein Zick und dann wieder ein Zack – und plötzlich ist man ganz oben. Und wird nicht nur mit einem Hammer-Ausblick belohnt, sondern auch mit einem ganz tollen Gefühl: Stolz! Ich freue mich einfach, dass ich tatsächlich oben stehe und mich ganz langsam zu einem Wanderer entwickle 🙂
Und ja, auch ich mache inzwischen große Augen und frage ungläubig „Wie, du wanderst nicht? Gar nicht?“, wenn ich Menschen treffe, die dieses schöne Hobby noch nicht entdeckt haben. Und schleife sie dann mit auf den nächsten Berg. Hat bei mir ja auch geklappt!
3 Gedanken zu „#hikinggirl“
Du hast meine volle Bewunderung!
Und, ich gebe es zu, ich wandere nicht.
Das zwingt mich in München, mich über die harte Fron des Biergartensitzens zu integrieren. 😉
Nachtrag:
Ich bewundere übrigens nicht nur deine Fitness.
Auch dein Schreibstil, locker und ungezwungen auf den Punkt,
gefällt mir sehr.
Lieber Uli,
Vielen Dank! So ein Lob von einem Profi wie dir bedeutet mir sehr viel. Liebe Grüße, Bärbel