Was sich in meinem Leben nach dem Jakobsweg verändert hat
Zwei Jahre ist es jetzt her, seit ich den Jakobsweg gelaufen bin. Es ist immer noch die beste Reise, die ich je gemacht habe. Der Moment, als ich nach 35 Tagen und 900 Kilometern Wandern in Finisterra am atlantischen Ozean angekommen bin, wird mir für immer im Gedächtnis bleiben.
Doch was ist sonst geblieben? Hat sich nach der Reise etwas in meinem Leben geändert?
Wenn man plötzlich so viel Zeit für sich selbst hat, denkt man unweigerlich irgendwann über sich und sein Leben nach: Ist es so, wie ich es haben will? Muss ich an einer Stellschraube drehen? Wer will ich sein?
Ich denke über diese Fragen sowieso einmal im Jahr nach, wenn ich auf meiner großen Reise durch welches Land auch immer, irgendwann mit meinem Tagebuch in einem Cafe sitze und Tabula Rasa mache. Nur so weiß ich, ob ich für mich selbst auf dem richtigen Weg bin oder mich irgendwann verloren habe.
Auf dem Jakobsweg hatte ich also genügend Zeit, mir ganz viele neue Vorhaben auszudenken, die ich umsetzen wollte, wenn ich wieder zurück im „normalen Leben“ bin. Habe ich das geschafft? Jein!
In Spanien merkte ich, dass ich in meinem Alltag nicht dauerhaft acht oder mehr Stunden pro Tag auf einem Stuhl vor einem PC sitzen möchte. Oder wenn ich das tue, mich drumherum zumindest genügend bewegen möchte. Ich wollte mehr an der frischen Luft und aktiv sein, bewusster und achtsamer mit mir umgehen, Neues lernen und mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge haben.
Einige Ideen (nach zwei Jahren Abstinenz wieder mit Karate zu beginnen, mich tätowieren zu lassen, nach Peru zu reisen und den Inkatrail nach Machu Picchu zu wandern) waren einfacher in die Tat umzusetzen als andere (Spanisch lernen, jeden Tag 10.000 Schritte gehen).
Manche Vorhaben wurden nach dem Trial and Error – Prinzip umgeformt (aus jedem Morgen Joggen wurde tägliches Yoga). An wieder anderen bin ich erstmal komplett gescheitert (dauerhaft gesund ernähren).
Denn kaum war ich zurück, saß ich natürlich wieder acht Stunden auf einem Stuhl vor einem PC und war danach trotzdem viel zu platt, um noch quer durch München zu wandern, mir anschließend ein supergesundes Essen mit Zutaten von einem lokalen Markt zu kochen und Vokabeln zu lernen.
Manchmal klappte es, aber eben nicht oft genug. Komplett auseinander fiel mein Leben immer wieder während meiner Geschäftsreisen. Anfangs noch bemüht, mein vorgekochtes Essen in Tupperboxen mitzutransportieren, nach den Workshops meine Schritte mit Spaziergängen rund um das Hotel zu sammeln und meine Vokabelbox mitzunehmen (und ungeöffnet wieder mit nach Hause zu bringen) gingen aufgrund des Zeit- und Energiemangels nach und nach alle Vorhaben etwas flöten.
Was mich zu meiner größten Erkenntnis führte: Mit meinem aktuellen Job kriege ich es nicht auf die Reihe. Auf dem Jakobsweg hatte ich bereits gemerkt, dass ich vor lauter Begeisterung und Enthusiasmus für das Thema Laureus mein Leben um meinen Job drapierte. Mein Ziel war es, genau das zu ändern. Nach zwei Jahren muss ich sagen: Es klappt nur begrenzt.
Daher ziehe ich die einzig logische Konsequenz und werde im Dezember nach dann neun Jahren bei Laureus aufhören. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Einem weinenden Auge, weil ich über das letzte quasi Jahrzehnt so viele großartige Menschen getroffen habe, die unermüdlich daran werkeln, die Welt ein Stückchen besser zu machen und bedürftigen Kindern und Jugendlichen Halt geben und Perspektiven aufzeigen. Ich hatte fantastische Erlebnisse, tolle Reisen und ganz viele einzigartige und bewegende Momente, die mir in Erinnerung bleiben. Es ist definitiv ein sinnstiftender und erfüllender Job!
Aber ich gehe auch mit einem lachenden Auge, denn nach so vielen Jahren des Durchpowerns brauche ich einfach mal eine Pause. Ich merke, dass meine Akkus leer sind und ich möchte nicht in zwei Jahren einen Burnout haben. Ich habe in den letzten Jahren sehr viel in Laureus investiert (und das hat sich absolut gelohnt), aber jetzt ist es an der Zeit, in mich zu investieren.
Und deshalb werde ich Anfang Januar aufbrechen. Erst einmal nach Mittelamerika. Und gucken, was passiert und wohin es mich treibt. Ideen für die Reise und danach habe ich viele. Natürlich ist es für mich als organisierter Sicherheits-Mensch ungewohnt, meinen Job zu verlassen, ohne einen neuen zu haben. Aber ich bin mir sicher, es wird sich irgendetwas ergeben.
Denn, wenn ich etwas auf dem Jakobsweg gelernt habe, dann, dass ich stark bin. Und dass sich immer alles irgendwie fügt.
3 Gedanken zu „Was sich in meinem Leben nach dem Jakobsweg verändert hat“
Schöne Zeilen wieder! Bewundernswert, wie du deine Träume Wirklichkeit werden lässt, auch die Entschlusskraft, Vergangenes als solches zu erkennen und sich davon zu verabschieden. Diese Gabe haben nicht viele Menschen. Schön, dass du uns mit deinen informativen und kurzweiligen Berichten ein wenig an deinem interessanten, abwechslungsreichen Leben teilhaben lässt. Danke!
Hi 👋
wenn ich zurückblicke, habe ich ähnliches mitgenommen. Vertrauen ins Leben und die Gewissheit, dass alles gut wird 😉
Tu, was gut für dich ist und dich glücklich macht.
Ganz wichtig: Halt uns auf dem Laufenden! 🙂