Puerto Morelos & Chichen Itza
Mein nächster Ort auf meiner Reiseroute ist Puerto Morelos. Nur 40 Busminuten südlich von Cancún, aber das komplette Gegenteil. Als Einzige werde ich an einer Tankstelle abgeladen, der Rest der Passagiere fährt weiter nach Playa del Carmen, einem größeren Ort. Auf meinem Fussweg zum Hostel treffe ich keinen anderen Touristen. Bel allein auf weiter Flur.
Auch mein Hostel finde ich nur durch Zufall. Die Rezeptionistin ist nicht da. „Bitte klingeln“ steht auf einem Schild. Das tue ich und es tut sich: Nichts. Also lege ich mich erst mal in die Hängematte. Wenn ich dieses Jahr etwas habe, dann ist es Zeit.
Nachdem ich endlich eingecheckt habe schaue ich mir die Umgebung an, indem ich durch die Stadt laufe. Ich muss immer erst ein Gefühl für den Ort bekommen. Und siehe da: Er gefällt mir. In den kommenden zwei Tagen verbringe ich viel Zeit am Strand (die Entspannung muss man sich erst erlaufen, denn der ist dann doch drei Kilometer entfernt), mache eine Schnorcheltour zum Riff (mit einem Riesen-Barracuda) und gönne mir eine Massage direkt am Karibikstrand. Ich hätte meinen Job früher kündigen sollen 😂.
Als ich auf der Massagebank liege und das Rauschen des Meeres höre muss ich an eine andere ebenso tolle Massage denken: Vor ein paar Jahren habe ich eine Trucktour von Kapstadt nach Simbabwe gemacht und zum Ende gönnte ich mir mit meinen neuen australischen Freunden eine Massage bei den Victoriafalls. Sie fand im Hinterhof eines Hostels statt, unter einem Wellblech. Während der Massage fing es an zu regnen und die dicken, schweren Tropfen fielen auf das Dach. Wir sind alle sofort eingeschlafen.
Aber in meinem neuen entspannten Leben gibt es auch Kultur. Und deshalb mache ich an meinem letzten Tag in Puerto Morelos eine zwölfstündige Tour nach Chichen Itza. Das ist eine Ruinenstätte der Maya, UNESCO Weltkulturerbe und eines der sieben Weltwunder der Neuzeit. Oder einfach eine verdammt große Steinpyramide. Und sie stellt einen Kalender dar. Das ist die Quintessenz aus der einstündigen spanischsprachigen Tour, die ich statt der Englischen optimistisch gewählt habe. Ich verstehe einzelne Wörter, aber irgendwie ergeben sie keinen sinnvollen Zusammenhang. So gut ist mein Spanisch also noch nicht.
Außerdem schwimmen wir in einer Cenote. Mexiko hat atemberaubende Süßwasserhöhlen, die nach einem Kollaps der Höhlendecke entstehen und sich mit Wasser füllen. Allein im Bundesstaat Quintana Roo, in dem ich mich gerade befinde, gibt es über 1.000 solcher Cenoten.
„Unsere“ Cenote ist 45 Meter tief und wir dürfen alle nur mit Schwimmweste rein. Das Wasser ist erfrischend, am Rand plätschert ein Wasserfall den Fels runter und die Wurzeln eines Baumes ragen tief in das Wasser rein. Ziemlich mystisch und ein einzigartiges Erlebnis.
Außerdem besuchen wir ein kleines Dorf. Hier sieht es natürlich ganz anders aus als in den schönen Touristenorten mit Strand und Hotelbungalows. Die Häuschen sind klein und verfallen oder erst halbfertig. Neben dem einstöckigen Minikrankenhaus steht eine Strohhütte von einem Schamanen. So kann man wählen, wem man mehr vertraut. Finde ich eine gute Idee.
Unterrichtet wird in der Escuela Telesecundaria: Da kein Lehrer in diesen kleinen Dörfern leben will, gibt es Unterricht via Fernseher. Modern, aber irgendwie auch traurig.
Ich aber bin froh, zumindest kurz mal das andere Gesicht von Mexiko gesehen zu haben. Abseits von Glanz, Glamour und Strandpromenade. So bekommt man eine Idee davon, wie der Alltag der lokalen Bevölkerung aussieht und welchen Herausforderungen sie gegenübersteht.
Und Puerto Morelos habe ich nach anfänglicher Skepsis richtig liebgewonnen. Aber der nächste Ort wartet schon auf mich: Tulum!