Jakobsweg München nach Lindau

Jakobsweg München nach Lindau

Ich gestehe, die Idee, von meiner Haustür auf dem Münchner Jakobsweg nach Lindau zu laufen, spukte schon länger in meinem Kopf herum. Konkret wurde sie dann, als meine AirBnB Unterkunft an der Ostsee spontan meinen zweiwöchigen Aufenthalt über Ostern cancelte und ich Plan B brauchte.

Das bedeutete, dass ich recht schnell alles organisieren musste: Wanderführer bestellen, Pilgerausweis beantragen und hoffen, dass er noch rechtzeitig per Post kommt (kam er), die Etappen ausklügeln und die Unterkünfte buchen.

Es bedeutete aber auch, dass ich körperlich totally unprepared war. Das merkte ich an meinen drei ersten – recht ambitioniert geplanten – Etappen von meiner Haustür zum Kloster Schäftlarn, von dort zum Kloster Andechs und an Tag 3 zum Kloster Wessobrunn. In drei Tagen legte ich 81 Kilometer zurück – und das mit 9.5 Kilo auf dem Rücken. Das Ergebnis: 7 Blasen an meinen Füßen. Das nächste Mal würde ich etwas sanfter einsteigen und mich mit kürzeren Etappen rantasten.

Da ich noch einmal für Meetings zurück nach München musste, legte ich eine dreitägige Pause ein, was mir die Gelegenheit gab, noch einmal ein bisschen umzupacken und vor allem meine Wanderschuhe gegen Trekking- und Laufschuhe auszutauschen. Frohen Mutes und blasenfrei ging es dann noch einmal für die restlichen 10 Etappen weiter.

Hier mein Fazit:

Länge

Nach den 900 Kilometern auf dem Jakobsweg in Spanien muten 300 Kilometer in Deutschland erst einmal lächerlich an, aber auch diese müssen erstmal bewältigt werden. Und die härtesten Etappen sind erfahrungsgemäß sowieso die ersten, da der Körper erst einmal in Schwung kommen und sich an die Belastung gewöhnen muss. Außerdem lässt sich der Weg nach Lindau beliebig weit in die Schweiz fortsetzen, falls 300 Kilometer nicht reichen. Oder eben auch verkürzen und aufteilen, falls es zu viel ist. Ich habe die letztendlich 286 Kilometer auf 13 Etappen aufgeteilt, wobei ich einen Streckenabschnitt (Wessobrunn bis Hohenpeißenberg, 15km) organisatorisch auslassen musste.

Wetter

Nun ja. Es war alles dabei. Von blauem Himmel und Sonne zu Temperaturen um den Gefrierpunkt, strömender Regen bis zu 15 cm Schnee, der spontan über Nacht fiel. April wäre sonst auch nicht mein präferierter Zeitpunkt zum Fernwandern gewesen, ich hätte den Sommer gewählt. Aber diesmal ging es nicht anders und siehe da: Man überlebt trotzdem. Es zahlte sich aber aus, Handschuhe, ein Halstuch und natürlich Regenkleidung dabei zu haben.

Weggefährten

Die ersten drei Tage wanderte ich alleine, danach mit Anselm gemeinsam. Ab und zu trafen wir andere Wanderer, dies hielt sich aber in Grenzen. Ein paar waren auch auf dem Jakobsweg unterwegs, andere auf dem König Ludwig Weg (Starnberger See bis Füssen) oder sie folgten der Wandertrilogie.

Unterkünfte

Im Gegensatz zu Spanien muss man hier finanziell doch deutlich tiefer in die Tasche greifen, um zu übernachten. In Pilgerherbergen waren wir nur in Marktoberdorf und Scheidegg (beide sehr empfehlenswert), ansonsten haben wir auf Bauernhöfen geschlafen (Hopfen, Görisried), in Pensionen (Andechs, Lechbruck, Weitnau), einem Gästehäuschen (Rottenbuch) oder in Hotels (Ebenhausen, Kempten, Buchenberg, Lindau). Die Mischung machts. Leider geben immer mehr Herbergseltern altersbedingt ihre Unterkunftsangebote auf, sodass dem Pilgernden irgendwann nur noch die Gasthäuser bleiben, die teurer sind und eben nicht die schöne Atmosphäre bieten.

Essen

Ganz wichtiger Punkt :)! Auf den meisten Etappen kann man zwischendurch in einem Gasthaus, Bäckerei oder Cafe einkehren und für die restlichen Etappen nimmt man sich was vom Frühstückstisch als Lunchpaket mit. Abends haben wir in dem jeweiligen Etappenort gegessen, in Ausnahmefällen gab es auch direkt in der Unterkunft etwas. So kredenzte die Dame von dem Bauernhaus, in dem wir in Hopfen nächtigten, leckerste selbstgemachte Kasspatzn mit Salat und Werner von der Pilgerherberge in Scheidegg tischte ein unfassbar gutes 3 Gänge Menü auf, das wir mit zehn anderen Pilger*innen ratzeputz vernichteten. Dünner sind wir im Allgäu nicht geworden, des Öfteren wanderten wir auch entlang des „Käse-Lehrpfades“ entlang. Da kriegt man erst recht Hunger…

Natur

Die Natur war wirklich superschön. Von vielen tollen Orten hatte ich noch nie zuvor gehört (obwohl sie jetzt nicht wahnsinnig weit von München weg sind), zum Beispiel die Ammerschlucht oder die Feuersteinschlucht und den Weg entlang der Wertach und über den Hängesteg bei Görisried. Dann gab es goldige Dörfer (Rottenbuch), nette Kirchen (Wildsteig, Wieskirche), Klöster (Wessobrunn), einen Brettlsteig und etliches anderes, das mich sehr beeindruckt hat. Ich liebe es auch einfach über grüne Wiesen zu marschieren (wenn es nicht gerade geregnet hat und man tief im Schlamm versinkt) und auf das hügelige Allgäu zu blicken. Teilweise war es einfach super idyllisch. Der Weg lohnt sich auf jeden Fall und ich habe meine Heimat plus Umgebung deutlich besser kennengelernt.

Beschilderung

Bis auf wenige Ausnahmen war der Weg echt gut beschildert. Dennoch hilft es, den Wanderführer noch einmal dabei zu haben und bei dubiosen Streckenführungen oder uneindeutigen Weggabelungen noch einmal nachlesen zu können.

Alles in allem war es eine wirklich tolle Erfahrung, die Lust auf mehr macht. Ich frage mich wirklich, warum ich in den letzten sechs Jahren seit meiner Wanderung auf dem Jakobsweg in Spanien keine mehrtägige Tour mehr gemacht habe. Ich habe definitiv vor, das künftig zu ändern! Wer Lust hat, diesen Weg mal zu gehen und /oder Tipps braucht: Meldet Euch gerne!

4 Gedanken zu „Jakobsweg München nach Lindau

  1. Ich finde es toll, dass jeder in Europa mit dem Jakobsweg vor seiner eigenen Haustür starten kann. klingt nach einer spannenden und abwechslungsreichen Auszeit vom Alltag (-:

  2. Hallo, ich plane für nächstes Jahr im Juni den Jakobsweg München-Lindau und bin zufällig auf deinen Reisebericht gestoßen. Ich habe da ein paar Fragen und würde mich freuen, wenn du sie mir beantworten könntest.

    Liebe Grüße
    Irene Stufler

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