Auf ins Elsass!

Auf ins Elsass!

Ich muss gestehen, Frankreich stand bisher nie auf meiner Urlaubsliste. Natürlich war ich in Paris (zweimal privat, einmal beruflich) und kannte eigentlich alle Regionen durch exzessives Tour de France schauen (wobei der Rennverlauf immer spannender war als die Landschaft), aber als in der 9. Klasse Gymnasium die Entscheidung getroffen werden musste, ob ich nach Englisch und Latein nun Französisch oder Altgriechisch lernen möchte, entschied ich mich für Letzteres, da: „Französisch kann ich ja immer noch lernen. Zumindest leichter als Altgriechisch. Das lerne ich jetzt oder nie.“

Tatsächlich spreche ich bis heute kein Französisch und war deshalb irgendwie auch nie im Urlaub dort, denn ich spreche ja die Sprache nicht. Ein Teufelskreis. Der mich übrigens nicht davon abhält, in alle anderen Ländern zu reisen, deren Sprache ich auch nicht spreche.

Als nun aber Bekannte uns nach Colmar einluden, um uns ihre zweite Heimat zu zeigen, war für mich klar: „Das nehme ich mit.“ Ich erwartete in meiner unwissendes Naivität nichts Großartiges, war aber äußerst angetan. Vor allem auch von der Umgebung: Am Rande der sanften grünen Hügeln der Vogesen gelegen reiht sich ein charmantes Fachwerkdorf an das andere, aufgereiht wie Perlen auf einer Kette namens Weinstraße. Wobei ich die Planungen meiner Gastgeber gehörig durcheinander brachte, da ich a) keinen Wein trinke und b) mich gerade vegetarisch ernähre. Mitunter auch vegan, aber das konnte ich ihnen nicht auch noch antun. Außerdem war der Käse einfach zu geil!

Die geplanten Weinproben bei diversen Winzern wurden daher durch Burgbesichtigungen ersetzt, es wurde nach Restaurants gefahndet, die zumindest eine vegetarische Option anbieten (im Elsass in der Tat gar nicht so einfach) und statt in Weinläden wurde ich bei jedem Käseladen abgesetzt. Dort gefiel mir das Konzept, dass die Bauern aus den Vogesen den Laden für sechs Wochen mieten, in der Zeit dort ihren Käsevorrat verkaufen, und der Laden dann an den nächsten Bauern übergeht. Das war auch das erste Mal in meinem Leben, dass ich 35 Euro für 500 Gramm „starken Käse“ ausgab (fromage fort), der aber so absurd gut schmeckte, dass ich die gesamte Testkäsehäppchenplatte im Alleingang aufaß, weil ich einfach nicht aufhören konnte.

Das Essen kam definitiv nicht zu kurz, ich würde sogar sagen, mir war durchgehend latent schlecht, da ich permanent übersatt war. Nach dem Frühstück mit frischen Croissants, Baguette mit Hammerkäse und selbstgemachter Birnentarte, wurde ein Dorf besichtigt, natürlich mit Käseladen und weiteren Test-Käsehappen, anschließend ging es in das nächste Dorf zum Mittagessen (Quiche), dann in ein weiteres Dorf zum Kaffee und Kuchen und zum Abendessen gab es Raclette. Dazwischen einen Appetizer. Es war eine wunderbare Zeit.

Nun aber zu den Orten, die wir zwischen dem Essen besucht haben:

Colmar

Ich musste erst einmal googlen, wo das ist. Aber jedem, dem ich erzählt habe, dass ich nach Colmar fahre, schwärmte mir davon vor. Und ich muss sagen: zu Recht! Colmar ist wirklich goldig. Wir waren Ende April dort, da halten sich die Touristenströme noch in Grenzen, aber ich mag mir nicht ausmalen, wie übervoll die Stadt im Sommer sein mag. Ich flanierte über Kopfsteinpflaster an der Lauch (Fluss) entlang durch die Fachwerkhäuschen und liebevoll dekorierte Altstadt, war von den Cafes und Restaurants begeistert, die bei gutem Wetter ihre Tische und Stühle direkt an den Fluss stellen, den kleinen individuellen Läden und den Charme der Stadt. Tagsüber hatte ich zeitweise das Gefühl, es ist zu over the top schön, als würde ich irgendwie durch den Frankreich-Bereich des Europaparks laufen, aber als wir auch noch einmal im Regen abends durch die Stadt liefen, hatte ich ein besseres Gefühl, wie man sich hier als Einheimischer und nicht als Tourist fühlen könnte.

Ribeauvillé

Auf deutsch: Rappoltsweiler, aber französisch klingt es natürlich viel besser. Im Mittelalter war der Ort Sitz der Herren von Ribeaupierre, was sich auch noch im Dorfnamen niederschlägt. Diese Herren bauten drei Burgen (oder ließen bauen), deren Ruinen heute noch stehen: die Burg Saint Ulrich, die Burg Girsberg und die Burg Haut-Ribeaupierre.

Ich muss gestehen, diesen Ort kann man sich bei Zeitmangel sparen, denn da fand ich die anderen Dörfchen schöner – wobei es Klagen auf hohem Niveau ist, denn Ribeauvillé für sich betrachtet auch nett ist. Aber die anderen Dörfer sind eben NOCH schöner.

Kaysersberg

Von Kaysersberg war ich sehr begeistert, und der Ort hat sogar mal eine Auszeichnung für das schönste Dorf Frankreichs bekommen. Scheint mir gerechtfertigt. Die Altstadt mit seinen gepflasterten Gässchen ist supersüß, die Fachwerkhäuser schön verziert und der kurze Aufstieg zur Burg und in den Turm hinein lohnt sich ebenfalls und bietet noch einmal einen schönen Blick von oben auf das Dorf und die umliegenden Weinberge. Noch zwei Fun Facts: Kaysersberg ist die Geburtstadt Albert Schweitzers, was einem anhand der Impuls- und Gedenktafeln immer wieder ins Auge springt – und Kaysersberg befindet sich auf der vogesischen Route des Jakobsweges. Ich fand Kaysersberg total toll.

Riquewihr

Auch durch Riquewihr und seine Fachwerkhäuschen lässt sich super von Käsehappen zu Käsehappen schlendern, es geht leicht bergauf durch die Altstadt, deren Stadtmauern teilweise noch ersichtlich ist. Die „Perle der Elsässer Weingegend“ ist auf jeden Fall auch einen Besuch wert, vor allem wenn man auch durch die kleinen Gässchen abseits der „Hauptstraße“ schlendert, um den Besucherströmen ein bisschen zu entgehen.

Eguisheim

Ich glaube, Eguisheim hat die höchste Dichte an Störchen. Zumindest gefühlt. Das Symboltier des Elsass war in allen Dörfern und Colmar zu sehen, habe ich aber besonders oft in Eguisheim gesichtet. Auf jedem höheren Haus, Turm, Kirche ist ein kunstvoll gebautes Storchennest zu sehen und wenn man Glück hat, sieht man auch einen Storch im Anflug. Auch in dieser mittelalterlichen Altstadt lässt es sich nett herumschlendern, auch hier fehlt es nicht an Käseläden und Weinprobenmöglichkeiten, vor allem aber ist es unglaublich liebevoll dekoriert und hat daher auch schon einige Preise als das schönste Dorf Frankreichs abgeräumt.

Burg Hohlandsbourg

Statt einer Weinprobe ging es rauf auf die Burg – total cool, um einen Blick auf die wunderschöne Umgebung zu erhaschen. Vor allem lohnt es sich, auf der Burgmauer umherzuspazieren und die rechteckige Burg so einmal zu umrunden. Da die Burg auf einem Berggipfel erbaut wurde (macht ja auch Sinn) hat man einen herrlichen 360°-Fernblick über die Elsässische Ebene und das Vogesenmassiv. Auf dem Burgberg befand sich schon in der späten Bronzezeit (1300 bis 750 v. Chr.) eine ausgedehnte Befestigungsanlage. Sie ist also sehr alt und vor allem nur sieben Kilometer von Colmar entfernt, daher kann man mal gut eben vorbeigucken.

Es gibt noch weitere Dörfchen in der Umgebung, die bestimmt lohnenswert sind, angeschaut zu werden. Leider lässt sich nicht alles an einem Wochenende unterbringen. Und nach dem dritten Fachwerkdorf beginnt man auch, die Orte miteinander zu verwechseln. Toll wäre es bestimmt mal, in der Weihnachtszeit zurückzukehren, wenn sich die ganzen Weihnachtsmärkte in den Dörfern aufbauen.

Ich würde einen weiteren Besuch im Elsass daher nicht ausschließen – auch meine Motivation, Französisch zu lernen, ist deutlich gestiegen. Aber jetzt muss ich erstmal meinen mitgebrachten Käse genüsslich verzehren.

2 Gedanken zu „Auf ins Elsass!

  1. Servus Bärbel, habe mit Interesse deinen Reisebericht ins Elsass gelesen. Wir waren vor ca. sechs Jahren in Colmar und wir waren auch so begeistert wie du bei mir kamen die schönen Erinnerungen an diesen bezaubernden Ort, wieder hoch. Auch wir saßen einigemale am Fluss und haben in einem Cafe was getrunken. Ich danke dir für die tolle Reisebeschreibung, auch der anderen Orte , die ich leider nicht kenne, aber deine liebevollen Details, laden zu einer nochmaligen Reise, dorthin ein. Wunderbar! Herzlichen Dank! Brigitte

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