Utila in Honduras
Nachts um zwei Uhr werde ich abgeholt. Von einem 15-Sitzer-Van, in den ich mich mit 14 anderen Reisenden und diversen Yogamatten stapele. Unsere Rucksäcke werden wie immer auf das Dach geladen.
Nach 14 Stunden und Boardercrossing von Guatemala nach Honduras kommen wir tatsächlich in dem Küstenstädtchen La Ceiba an. Der Fahrer fährt bis auf zwei Zehn-Minuten-Stops komplett durch und ich befürchte, mich künftig nur noch in geknickter 90-Grad-Winkel-Haltung fortbewegen zu können.
Stattdessen fahre ich in aufrechter Position eine gute Stunde mit der letzten Fähre des Tages rüber nach Utila, eine der Bay Inseln von Honduras. Hier hat auch Christopher Kolumbus Station gemacht und es heißt, Utila wäre die Insel, auf der Robinson Crusoe strandete.
Und hier kann man durchaus stranden, denn Utila ist ein kleines Paradies. Viel kleiner als die Nachbarinsel Roatan, bei der Cruiseships halten. Hierher kommt man nur zum Tauchen. Viel Anderes gibt es hier nämlich nicht. Ich quartiere mich direkt beim PADI Divecenter Underwatervision in einem Dorm ein und stehe jeden Morgen um sieben Uhr am Pier und schraube meine Tauchausrüstung zusammen. Die Flasche zwischen den beiden Tauchgängen wird auf dem Boot gewechselt und so bin ich immer erst mittags zurück.
Da Tauchen hungrig und müde macht, ziehe ich zwischen Restaurant und Hängematte hin und her. So lässt es sich leben. Nachmittags lerne ich die Theorie zu diversen Specialtykursen und mache für vier Euro Yoga direkt am Wasser mit Blick auf den Sonnenuntergang. An meinen tauchfreien Tagen liege ich einfach am wunderschönen Bonda Beach. Die meiste Zeit aber bin ich im Wasser- macht bei 28 Grad auch einfach am meisten Sinn.
Im Gegensatz zu den meisten Tauchern hier mache ich kaum Kurse, sondern einfach einen Fundive nach dem anderen. Die einzigen drei Kurse, die ich mir vorgenommen habe, mache ich gleich in der ersten Woche: Den Emergency First Response Kurs, den ich im Sommer als Voraussetzung für den Rescuediver brauche sowie die beiden Specialties Nachttauchen und Wracktauchen. Beide sind ganz besondere Erlebnisse. Beim Nachttauchen schweben wir bei ausgeschalteter Taschenlampe ein paar Minuten im Wasser und sind umgeben von bioluminiszierenden Lichtern. Es ist wie ein Sternenhimmel unter Wasser. Und sobald wir auftauchen sehen wir den richtigen Sternenhimmel.
Und auch das Halliburton Wrack ist etwas Besonderes, weil wir hineintauchen. Drei Tauchgänge lang haben wir uns darauf vorbereitet, es umrundet, es unter Wasser abgemalt und mögliche Entrypoints ausfindig gemacht und mit der Sicherheitsleine herumexperimentiert. Und dann ist es soweit. Ich tauche in das obere Stockwerk der Brücke, fixiere alle paar Meter unsere Sicherheitsleine und tauche durch das Treppenhaus bis in den Bauch des ehemaligen Cargoschiffes. Den Rückweg und das Aufrollen unserer Leine übernimmt mein Buddy.
Es ist megaspannend, das Wrack zu erkunden – und offenbar ein bisschen zu spannend, weil ich beim finalen Umrunden plötzlich hyperventiliere. Die Panikattacke kommt aus dem Nichts und ich schaffe es nicht mehr, komplett auszuatmen. Deshalb mache ich meine Instruktorin auf mich aufmerksam, halte ihre Hand und versuche meine Atmung zu beruhigen. Und siehe da, es klappt. Beim Sicherheitsstopp habe ich mich wieder im Griff. Ein bisschen frustrierend, aber immerhin habe ich richtig reagiert.
Nach den Kursen sortiere ich mich neu und beschließe, mir in der Nähe der Tauchschule ein Zimmer zu mieten. Nach den ganzen Dorms brauche ich mal etwas Raum und Zeit für mich. Und schließlich bleibe ich insgesamt fünf Wochen auf der Insel. Also ziehe ich mit Sack und Pack um. Die Wohnung teile ich mir mit ein paar Freedivern, die mir viel von ihrem Sport erzählen. Besonders beeindruckt bin ich von ihrer mentalen Vorbereitung und den Atemtechniken. Da können wir Scubadiver auch noch was von lernen.
Wer weiß, vielleicht schaufele ich mir in den kommenden Wochen noch paar Tage frei, um mal Freediven auszuprobieren. Wenn ich schon mal hier bin 🙂