Vom (Tauch-)Depp zum Divemaster
Ich hatte mal ein spannendes Gespräch mit Freundinnen zu dem Thema, ob man eher was macht, was einem Spaß macht oder worin man gut ist. Egal ob beruflich oder als Hobby.
Ich habe für mich festgestellt: Ich mache eher Dinge, die mir Spaß machen, auch wenn ich darin nicht besonders gut bin oder sie mir nicht extrem leicht fallen.
Zum Beispiel das Tauchen. Als ich 2017 den Schnupperkurs machte, war mein Divebuddy nach unserem ersten Tauchgang mega begeistert und Feuer und Flamme. Ich hatte Schwierigkeiten, die Maske auszublasen, dachte, ich ertrinke und war erstmal extrem skeptisch. Aber ich dachte mir „aufhören kann ich ja immer noch“ und absolvierte in den Tagen darauf den Open Water Kurs. So richtig begeistert war ich vom Tauchen allerdings noch nicht. Was auch daran lag, dass ich mich ziemlich dämlich anstellte und bei jedem Tauchgang ungeplant an die Wasseroberfläche ploppte, weil ich zu dumm zum Tarieren war.
Ein Jahr später absolvierten wir den zweiten Kurs, den Advanced Open Water Diver. Gleich beim ersten Tauchgang musste mich mein Instructor quasi retten, weil ich nach 15 Minuten fast meine gesamte Luft weggeatmet hatte. Das führte dazu, dass ich noch viele Tauchgänge danach immer mit einer 12 Liter Flasche tauchte und meinen Inflator und mein Finimeter in den Händen hielt, um ständig meine Tarierung und Luftverbrauch kontrollieren zu können. Fische sah ich nicht. Also Talent sieht anders aus. Das Tauchen und ich – wir hatten es nicht leicht miteinander.
Aber es sein lassen wollte ich auch nicht. Also stellte ich mich der Herausforderung und machte erst einmal alle Kurse, vor denen ich Angst hatte. Nachttauchen, Wracktauchen, Tarierung, Navigation, Tieftauchen etc. Und tauchte, tauchte, tauchte.
Langsam gewann ich an Sicherheit, trotz einiger Rückschläge, wie einer kleinen Panikattacke bei meinem 70. Tauchgang, als ich mich in Honduras bei meinem Wrack-Kurs auf 30 Meter Tiefe im Treppenhaus des Schiffes mit meinem Atemschlauch an einer rostigen Kante verhedderte und weder vor noch zurückkam.
Deshalb war für mich die Entscheidung, den Rescuediver zu absolvieren und danach die Ausbildung zum Divemaster zu machen auf einer Menge Mut gegründet. Aber gerade weil meine Tauchkarriere nicht völlig reibungslos lief und ich mich auch immer wieder überwinden musste, um dranzubleiben, kann ich mich in meiner täglichen Arbeit gut in Gäste hineinversetzen, die auch etwas Angst haben und sich sehr unsicher fühlen. Been there!
Natürlich ist es schön, erfahrene Taucher zu guiden, mit denen ein Tauchgang völlig entspannt verläuft. Aber am meisten Spaß macht mir, wenn ich einen unsicheren Taucher „an die Hand nehmen“, seine Ängste reduzieren und dazu beitragen kann, dass er/sie Freude am Tauchen hat und die Zeit unter Wasser genießt.
Denn das tue ich mittlerweile. Ich habe das Tauchen lieben gelernt. Und die Divemaster Ausbildung diesen Sommer hat mir gezeigt, dass ich auf meine eigenen Fähigkeiten vertrauen kann. Ich kann tauchen. Und auch wenn ich noch nicht weiß, ob ich tatsächlich künftig als Divemaster oder gar Instructor arbeiten will, so habe ich für mich persönlich einen riesigen Entwicklungssprung gemacht. Ich fühle mich nun sicher unter Wasser und übernehme auch Verantwortung für andere Taucher. Ich habe nicht immer alles richtig gemacht, aber gerade aus meinen Fehlern am meisten gelernt. Es war auch nicht immer leicht und ich hatte vor vielen Aufgaben großen Respekt, aber am Ende hat immer alles irgendwie geklappt.
Ich habe eine Tauchplatzkarte gemalt, einen Rettungsplan erstellt, Schnuppertaucher bei ihren ersten Erfahrungen begleitet, bei Kursen assistiert, Schwimmprüfungen abgelegt, einen Ausrüstungstausch unter Wasser absolviert, Tauchfertigkeiten in Demofähigkeit präsentiert, Equipment herausgesucht, angepasst, zusammengeschraubt und auseinandergebaut, Rettungsfertigkeiten gezeigt, erfahrene Taucher geguidet und vieles mehr. Mittlerweile habe ich mehr als 200 Tauchgänge und einiges mehr an Erfahrung.
Die Entscheidung, den Divemaster Kurs als Trainee im Austausch gegen meine Mitarbeit in der Tauchbasis zu machen und nicht als klassischen, zu bezahlenden Kurs, war absolut richtig. Ich habe so viel gelernt – nicht nur über das Tauchen an sich, sondern auch das ganze Drumherum wie Flaschen füllen und prüfen, Dokumente, Abläufe, Materialunterschiede und – Probleme, Logistik, Equipment und vieles mehr. Und ich war in meiner täglichen Arbeit mit den Gästen mit echten Problemen und Herausforderungen konfrontiert und nicht mit simulierten Fällen von anderen Divemaster-Anwärtern.
Ich kann also nur jedem empfehlen, seinen Divemaster als Praktikum und nicht als Kurs zu machen. Für mich persönlich das absolut stabilere Fundament für eine Tauchkarriere.
Falls ich diese einschlagen sollte bin ich equipmenttechnisch auf jeden Fall bestens gerüstet. Es ist erstaunlich, was man sich alles kaufen kann. Und es hört nie auf. Deshalb habe ich nun einen 7mm Neoprenanzug, Füßlinge, Neoprensocken, einen Rashguard zum Drunterziehen, eine Tarierweste (auch BCD genannt), die erste und zweite Stufe, ein Messer (ja, das braucht man auch), eine Taschenlampe, eine Maske, einen Tauchcomputer, eine Schreibtafel (von größter Wichtigkeit), einen eigenen Stempel (elementar), Handschuhe und bestimmt noch vieles anderes.
Und ich habe eine Menge Respekt. Vor jedem, der in diesem Business arbeitet. Denn neben dem ganzen Spaß ist es eben auch Arbeit. Auf jeden Fall körperlich anfordernd. Mein Bürokörper hat sich ganz schön umgeguckt.
Was meine Chefs Anja und Michael sich mit der Tauchbasis aufgebaut haben und Tag für Tag leisten, ist unglaublich beeindruckend. Und trotz Corona, der Unsicherheit, all den Einschränkungen und einer abgespeckten Saison mit weniger Einkommen haben sie ihre gute Laune nie verloren. Dafür Hut ab!
Nun bin ich als frischgebackener Divemaster ein winziges (aber sehr stolzes) Mosaiksteinchen bei den Eastcoastdivern in Portocolom auf Mallorca.
Ein Gedanke zu „Vom (Tauch-)Depp zum Divemaster“
Per aspera ad astras – in diesem Fall zu den See“sternen“. Herzlichen Glückwunsch zu sooooo viel Ausdauer!!!